Spanische Freunde
In den ersten fünf Tagen des Jahres hatten die JBBL Sharks anlässlich des Knightbar-Tournaments die Mannschaft von Joventut de Badalona bei sich zu Gast. Es wurde nicht nur sportlich ein Erlebnis. Es war auch der Beginn einer tollen Freundschaft.
Ein Bericht von Arne Torikka, Sharks Hamburg, 15 Jahre
Hätte ich meine Freunde aus der Schule am Sylvesterabend gefragt, was sie am 1. Januar um 17:00 Uhr machen, dann hätten die meisten gesagt: „Schlafen“. Für mich – und für die andere Spieler von den JBBL-Sharks – ging es jedoch um diese Uhrzeit zum Flughafen, um spanische Basketballspieler abzuholen. Mein Verein hatte nämlich – mit offizieller Unterstützung der Freien- und Hansestadt Hamburg und der Hamburger Sportjugend – ein internationales Basketball-Turnier organisiert. Gemeldet hatten Mannschaften aus Berlin und Jena. Und eine aus Barcelona. Die spanischen Spieler sollten jetzt fünf Tage lang bei uns wohnen. Also immer ein Spanier bei einem Shark. Meiner hieß Roger Alonso, war 15 Jahre und wie ich Pointguard in seiner Mannschaft.
Ich hatte ein paar Tage vorher schon über Whatsapp zu ihm Kontakt aufgenommen. Deshalb wusste ich: Gleicher Humor – aber mit dem Reden könnte es schwierig werden. Ich habe zwar seit vier Jahren Spanisch an der Schule. Aber Schule und Reden sind noch mal zwei verschiedene Dinge, vor allem weil unsere Spanier nicht Spanisch redeten sondern Katalanisch. Deshalb wusste ich auch nicht, wie unser Abend aussehen würde, so ohne zu Reden.
Am Flughafen erhielt ich erst mal die Nachricht, dass ich noch eine Stunde länger hätte im Bett bleiben können, weil der Flieger Verspätung hatte. Um 18:00 Uhr kamen die Spanier endlich aus der Gepäckhalle. Mein erster Eindruck war: Für Basketballer eher klein, was aber ganz angenehm war, weil ich selbst auch nicht zu den Riesen in meiner Mannschaft gehöre. Die Begrüßung fiel ziemlich schüchtern aus, aber das ging allen Spieler aus meiner Mannschaft so. Jeder schnappte sich mehr oder weniger schweigend seinen Spanier und fuhr mit ihm nach Hause.
Ich wohne nicht weiter als zehn Minuten mit dem Auto vom Flughafen weg, aber zehn Minuten können auch lang sein, wenn man nicht redet. Zu Hause hat sich die Stille aber verflüchtigt. Ich habe Roger sein Zimmer gezeigt und ihm gesagt, wo sich bei uns was befindet. Zu essen gab es bei allen von uns typisch deutsche Gerichte: Würstchen mit Kartoffeln, Rouladen mit Spätzle, Currywurst, manche haben gegrillt. Roger konnte ziemlich gut Englisch. Richtig zum Sprechen kamen wir aber erst vor der Playstation. (Für alle Eltern: Da sieht man, dass Konsolen nicht einsam machen. Sondern im Gegenteil.) Der Abend war aber auch nicht lang, da wir am nächsten Morgen früh aufstehen mussten.
Das heißt: Wir Sharks hätten nicht gemusst, aber die Spanier hatten gleich das erste Spiel. Natürlich sind wir alle zusammen in die Halle gefahren. Draußen war es minus sechs Grad, drinnen ein bisschen wärmer. Das coole war, dass wir das spanische Team angefeuert haben und im nächsten Spiel sie dann uns. Da war gleich eine Atmosphäre, dass wir zusammengehören. Wir haben gegen TUS Lichterfelde gespielt und eigentlich keine Chance gehabt, aber immer wenn uns eine gute Aktion gelang, sind die Spanier auf der Tribüne ausgerastet.
Der sportliche Höhepunkt war unser Spiel gegen Joventut de Badalona am nächsten Tag. Jedem von uns und auch den Spaniern war die Freude vorher schon ins Gesicht geschrieben. Bei der Spielervorstellung haben wir nicht nur unsere eigenen Spieler abgeklatscht, sondern auch die Gäste und deren Trainer. Das Spiel war überraschenderweise sehr umkämpft, aber natürlich super fair. Am Ende haben wir mit zehn Punkten gewonnen. Danach sind die meisten von uns mit ihren Spaniern in die Innenstadt gezogen, weil zufällig gerade verkaufsoffener Sonntag war. Einige waren auch im Miniaturwunderland. Die meisten Spanier haben sich Basketballsachen gekauft, die es bei ihnen nicht gibt oder die in Deutschland billiger sind. Anschließend gab es auf der Alster noch ein riesiges Feuerwerk.
Der nächste Tag begann wieder mit frühem Aufstehen. Diesmal fiel es noch schwerer, weil es nicht in die Halle sondern in die Schule ging. Für meinen Spanier war es wahrscheinlich noch langweiliger als für mich, weil er kaum was verstanden hat, aber es wurde trotzdem ganz witzig, weil er sich auch mit meinen Klassenkameraden gut amüsiert hat.
Nach der sechsten Stunde waren alle Sharks vom Unterricht befreit, weil wir zum Hamburg Dungeon gefahren sind. Dort haben wir eine halbe Stunde in der Kälte gewartet und uns gegenseitig Schimpfworte beigebracht. Zum Beispiel kann Roger jetzt fast richtig „Churensöhne“ sagen und ich weiß, dass ein spanisches Schimpfwort auf Deutsch laut Google-Translater „Maul der Sandale“ heißt. (Auch Handys – zweiter Eltern-Hinweis – verhindern Unterhaltungen nicht, sie machen sie manchmal erst möglich.)
Im Dungeon gab es dann eine englischen Führung. Am witzigsten war, wie sich die Spanier bei den gruseligsten Szenen in der Dunkelheit auf Katalanisch erschreckten. Nach dem Gruselbesuch stand eine 45-minütige Eiswanderung bei minus sechs Grad durch Hamburg an. Von den Landungsbrücken und dem alten Elbtunnel ging es durch St. Pauli zum „Schweinske“ an der Reeperbahn, die so nett waren, uns zu sponsern.
Eine große Schwierigkeit bestand darin, die Speisekarte für die Spanier zu übersetzen. Am Ende aßen fast alle dasselbe: Super leckere Riesenschnitzel mit Pommes. Es war sehr gemütlich bei „Schweinske“ und ein perfekter Abend, nur nicht für unsere Coaches, die uns öfter ermahnen mussten, nicht ganz so laut zu sein.
Am nächsten Morgen haben fast alle Spieler ihren Spanier zum Flughafen begleitet, obwohl es nicht so geplant war und wir eigentlich Schule hatten. Alle waren traurig, weil es nach den fünf Tagen so war, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. Es entstand sogar ein eigener Hashtag – #sharksvspenya – unter dem tolle Bilder zu finden sind. Im Juni fährt dann meine Mannschaft zum Gegenbesuch nach Barcelona, um unsere Saison so genial abzuschließen wie das Jahr 2016 angefangen hat.